Laute Stimmen, orangenes Licht, die Vorfreude fast greifbar. Die Portikushalle des Niedersächsischen Landtages füllt sich langsam, denn hier findet heute, am 29. Oktober, unter dem Motto „Hör! Mir! Zu! – Poetry Slam über Furor und Resignation, übers Aufschreien und Zuhören“ wieder ein poetischer Wettkampf statt. Teilnehmen werden die fünf Poetry Slammerinnen und Slammer Antonia Josefa, Friedrich Herrmann, Lotta Emilia, Luca Zmatlik und Shafia Khawaja, die sich in zwei Runden zuerst dem Thema der Veranstaltung widmen und später noch einen Text aus dem eigenen Repertoire vortragen werden.
Zuletzt werden die Finalisten/innen, die anhand ihrer erzielten Punktzahl aus den vorherigen zwei Runden ausgewählt werden, gegeneinander antreten, um die heutige Gewinnerin oder den heutigen Gewinner zu bestimmen. Die Punkte werden von acht Jury Karten abgelesen, die gleich nach dem herzlichen Empfang der Landtagspräsidentin Hanna Naber und der Vorstellung von Moderatorin Ninia LaGrande, willkürlich im Publikum verteilt werden.
Bevor es endlich losgeht, werden allerdings noch die Regeln eines Poetry Slams erklärt. Alle Teilnehmenden haben sieben Minuten Zeit, seinen/ihren mitgebrachten Text vorzutragen, ob dabei freigesprochen oder abgelesen wird, ist hier egal. Auch darf man einen Gegenstand, von dem der Text handelt, nicht mit auf die Bühne nehmen, und die Texte müssen selbst geschrieben sein.
Dann geht es los. Als erster Slammer läuft Friedrich Herrmann, unter großem Applaus, die bunt beleuchtete Treppe von der Galerie, auf der die anderen Slammer*innen zum Publikum nach unten blicken, herunter. Nach seinem humorvollen Selbstporträt taucht er gleich darauf in die Kuriositäten der Hannoverschen Innenstadt ein, dabei werden die Verpackungen der Ditsch Pizza, die Aussprache der Filiale Woolworth und auch Sanifair Toiletten Thema. Friedrich Hermann sorgt mit seinem Auftritt für viel Gelächter im Publikum und wird mit tosendem Applaus verabschiedet.
Daraufhin folgt Slammerin Lotta Emilia, die mit ihrer Anfangsfrage, ob sie noch einmal kurz zur Toilette gehen dürfte, zuerst für viel Verwirrung und ratlose Blicke unter den Zuschauern sorgt. Schnell stellt sich aber heraus, dass es sich bei dieser Frage um einen gekonnten Einstieg in ihr Thema handelt, an den sie mit einem abwechslungsreichen Text über die Obszönitäten des deutschen Schulsystems anknüpft. Als sie ihren Vortrag, einschließlich jeglicher Lehrerfloskeln, wie „ ich weiß nicht, ob du auf Klo gehen kannst, aber du darfst“, abschließt, erntet auch sie ihren verdienten Applaus.
Darauf folgen noch viele weitere abwechslungsreiche, spannende und berührende Texte, unter anderem zu den Themen Rassismus, Fluchterfahrungen und dem Bundespräsidenten. Schließlich stehen die Finalistinnen, Lotta Emilia und Antonia Josefa, fest, die in der letzten Runde noch einmal alles geben. Lotta Emilia beeindruckt mit ihrem Text über unausgesprochene Wünsche, gleich darauf rüttelt Antonia Josefa auch mit ihrem eindrucksvollen Abschluss noch einmal wach. Die Menge tobt nach beiden Beiträgen, doch anhand der Lautstärke lässt sich eindeutig Antonia Josefa als Gewinnerin erkennen. Ihr Preis, ein Füller für die Produktion von weiteren beeindruckenden, analogen Texten.
Für alle von euch, bei denen nun das Interesse für Poetry Slam geweckt worden ist – auf YouTube kann man sich von vielen der fünf Teilnehmenden Texte (meist von vergangenen Veranstaltungen) angucken. Dazu einfach Poetry Slam und dann den jeweiligen Namen eingeben.
Viel Spaß 🙂
Merle Sophie Rehr