Dönerpreise, Politik auf TikTok und die Schuldenbremse – Matthias Miersch im Interview

Matthias Miersch – Generalsekretär der SPD und Vorsitzender des SPD-Bezirks Hannovers.

Als wir erfahren, ein Interview mit Matthias Miersch machen zu können, bin ich zunächst nervös. Klar habe ich in der Vergangenheit schon Interviews geführt aber dann doch eher mit Lehrerkräften oder anderen Personen, die es nicht gewöhnt sind, öfters interviewt zu werden. Trotzdem entschließe ich mich,  auf die Herausforderung einzulassen. Die Fragen sind schnell aufgestellt und die Motivation so wie die Nervosität steigen. Dann ist es so weit, Dienstag 26.11, 13:15 Uhr. Der Grund für Mierschs Besuch ist ein geplantes Q&A für seinen Instagram Account, als Werbung für den verfrühten Wahlkampf. Als wir im Raum eintreffen, werden wir freundlich begrüßt. Miersch und ein weiterer Mann, der sich später als Jason herausstellt, befinden sich vor Ort. Eine Kamera ist auf Miersch gerichtet und gerade wird das Mikrofon getestet. Wir positionieren uns an der Tür und verfolgen die anschließende Fragerunde. Insgesamt sind sechs weitere SchülerInnen anwesend. Was ich nicht so erwartet hatte, ist die präzise Planung jedes Details. Hier wird nichts dem Zufall überlassen! Jede/r Schüler/in wird so hingesetzt das der Hintergrund ausgefüllt ist. Alle Fragen werden genannt und erstmal auf den Kopf gestellt. In einem Online Format ist es wichtig, die Aufmerksamkeit des Zuschauers in den ersten Sekunden, mit den ersten Worten zu wecken. Sind alle Fragen umformuliert und geklärt, kann es losgehen. Jede Antwort darf nicht länger als 90 Sekunden sein. „Was sagen sie zu den Neuwahlen?“ ist die erste Frage. Alles wird zweimal aus verschiedenen Perspektiven aufgenommen bis alles passt. Wir haben für euch das Q&A kurz zusammengefasst:

Die Neuwahlen unterstützt Miersch, weil es wichtig sei, die Bürger/-innen zu fragen, wie es weitergehen soll und ihnen die Möglichkeit des Wählens zu geben. Ob die Lebensmittelpreise 2025 wieder sinken, kann er nicht mit ja beantworten, weil zu viele Faktoren einspielen würden, wie z.B. der Ukraine-Krieg, Umweltkatastrophen in Spanien und Missernten aufgrund von Extremwetter. Er hoffe auf eine Lösung in der Ukraine, die aber voraussichtlich nicht kommen wird. Das Thema Klimaschutz war sehr begehrt. Zu den Zielen des Klimaabkommens und wie sie umgesetzt werden sollen, meint Miersch, es sei notwendig von Gas und Öl wegzukommen, denn die Energie der Zukunft sei erneuerbar. Wichtig seien Elektromobilität und klimafreundliches Heizen. Jede:r Bürger:in in Hannover könne sich einbringen, z.B. in Ratssitzungen der Politik oder in Umweltschutz Organisationen wie dem NABU oder bei Green Peace. Eine Frage, die natürlich nicht ausbleiben kann, ist, warum die Prozentzahlen der AfD so hoch sind. Die Menschen seien verunsichert und suchen nach Antworten, welche die AfD zu geben scheint, indem sie Sachen behaupten, die oft nicht stimmen würden. Durch Streit in der Ampel denken viele Leute, es würde nichts passieren. Zum Schluss ging es noch um das deutsche Schulsystem. Es sei ein schwieriges Thema, was aber nicht Sache der Bundesländer bleiben solle. Miersch ist für ein einheitliches Schulsystem mit Lehrplänen, die sich nach Wichtigkeit richten, wie politische Bildung, moderne Medien und mehr Praxis im Unterricht. Außerdem sollte die Einteilung in die jeweiligen Bildungsformen erst später erfolgen, um gemeinsames Lernen zu ermöglichen.

Das Q&A wird nach und nach auf seinem Instagram Account hochgeladen.

Wie abgesprochen, konnten wir anschließend noch ein kurzes Interview führen:

Der Spargel: Was kann man sich darunter vorstellen, der Generalsekretär einer Partei zu sein?
Miersch: Der Generalsekretär organisiert Wahlkämpfe und eine Partei, d.h. wie ,in meinem Fall die SPD, strategisch aufgestellt ist und welche Themen sie nach vorne bringt.

Der Spargel: Was versteht man unter dem Begriff Schuldenbremse?
Miersch: Wir haben in der Verfassung, also im höchsten Gesetz Deutschlands, eine Verpflichtung, dass wir nur einen gewissen prozentualen Anteil an Schulden machen dürfen. Das hat zur Folge, dass wir viele Dinge, die wir eigentlich machen müssten, augenblicklich nicht machen können, z.B. in Bildung oder Pflege investieren.

Der Spargel: Wie überraschend fanden sie die die Entlassung von Christian Lindner?
Miersch: Ich hab immer gehofft, dass er nicht entlassen werden muss und dass er sich drauf einigt, noch mit dem Kanzler zusammen einen Weg zu finden. Da geht es z.B. auch um die Frage: Wie viel können wir für die Ukraine an Geld aufwenden und gleichzeitig, wie viel müssen wir von unserem Haushalt nehmen. Da war die Frage, ob man beides machen kann, denn die Schuldenbremse sieht diese Ausnahme in Notlagen vor. Das wollte der Kanzler. Lindner wollte aber, dass in den Kommunen weiter gespart wird. Das konnten wir nicht verantworten. Ich habe trotzdem gehofft, dass es eine Lösung gibt. Und jetzt liest man teilweise in Zeitungen das die FDP, eigentlich schon viele Monate vorher vor hatte, aus der Regierung auszusteigen, was mich ehrlicherweise schockiert hat.

Der Spargel: Ist Olaf Scholz für Sie der richtige Kandidat, obwohl er laut Umfragen hinter Pistorius liegt?
Miersch: Ich glaube Umfragen sind das eine. Für mich ist Olaf Scholz ein Kanzler, mit dem wir auch antreten sollten, weil er durchaus gezeigt hat, dass er in stürmischen Zeiten, wie z.B. im russischen Angriffskrieg, das Land sicher geführt hat.

Der Spargel: Was muss die SPD Ihrer Meinung nach tun, um bei der nächsten Wahl erfolgreich zu sein?
Miersch: Ich glaube, dass sie den Menschen erklären muss, dass es um ganz unterschiedliche Politikkonzepte geht. Die SPD ist schon eine sehr alte Partei. Über hundertsechzig Jahre streiten wir für die Demokratie. Es geht um Demokratie und auch darum, den Zusammenhalt in dieser Gesellschaft zu organisieren. Gerechtigkeit z. B., dass die, die mehr haben, auch mehr in den Staat geben. Die ganz Reichen müssen auch mehr Steuern zahlen, damit wir die anderen entlasten können.

Der Spargel: Viele Junge Leute finden die Dönerpreise zu hoch. In Memes wird Olaf Scholz dafür verantwortlich gemacht. Inwieweit hat denn die Politik da überhaupt Einfluss drauf?
Miersch: Sie hat natürlich keinen direkten Einfluss, aber durch bestimmte Faktoren verteuern sich auch Dinge. Wir sehen das hier alleine Trockenperioden, wo bestimmte Lebensmittel nicht ausreichend angebaut werden können, dazu führen, dass es immer teurer wird. Wir haben mit dem russischen Angriffskrieg einen Faktor der die Inflation bei den Energiepreisen nach oben gehen lassen hat. Und in sofern gibt es unterschiedliche Faktoren. Es ist aber bestimmt nicht die Angelegenheit eines Kanzlers.

Der Spargel: Denken Sie das PolitikerInnen oder Politische Aussagen ihre Seriosität verlieren, wenn sie auf TikTok sind?
Miersch: Nein, überhaupt nicht. Ich glaube es ist eine Frage, wie man es macht. Man kann TikTok auch machen mit sehr glaubwürdigen Formaten.

Fazit: Einen Politiker zu interviewen ist nochmal was ganz anderes! Es war eine sehr interessante Erfahrung aus der wir viel mitnehmen werden.

-Charlotte Ball

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